Sieben Jahre berufsintegrierendes Studium – Absolvent Markus D?renk?mper vom VfL Osnabrück im Interview Mittwoch, 5. Oktober 2022
Zwei berufsintegrierende Studieng?nge hintereinander: Markus D?renk?mper schaut auf seine Leistung zurück und berichtet im Interview von seiner Entscheidung für das duale Studium, anstrengenden und lohnenswerten Phasen und seiner aktuellen T?tigkeit beim VfL Osnabrück.
Nach seinem Abitur am Wirtschaftsgymnasium Osnabrück entschied sich D?renk?mper zun?chst für eine betriebliche Ausbildung zum Industriekaufmann bei der HOMANN Feinkost GmbH. Danach folgten das duale, berufsintegrierende Bachelorstudium Management betrieblicher Systeme - Betriebswirtschaft (2014-2018) und das Masterstudium Führung und Organisation (2018-2021), welches er nach einem Arbeitgeberwechsel beim VfL Osnabrück abschloss. Dort arbeitet er seit 2020 und ist aktuell als Bereichsverantwortlicher Finanzen (Controlling) & Organisation (Spielbetrieb) t?tig.
Sie haben vor Ihrem berufsintegrierenden Bachelorstudium eine Ausbildung absolviert. Wie kam es dazu, dass Sie sich danach für ein duales Studium entschieden haben?
D?renk?mper: Ich habe nach meinem Abitur bereits überlegt, dual zu studieren. Mich aber damals dagegen entschieden, weil ich erst mal nur eine praktische Ausbildung machen wollte. Mein Studienwunsch ist aber über die gesamte Ausbildungsdauer geblieben. Zum Ende meiner Ausbildung signalisierte mir mein damaliger Arbeitgeber, die HOMANN Feinkost GmbH, dass sie mich gerne übernehmen würden. Unter der Bedingung, dass ich neben der Berufst?tigkeit studieren durfte, sagte ich zu und habe es an keinem Tag bereut. Es war mir wichtig, nicht nur die Theorie zu lernen, sondern diese direkt mit der Praxis zu verknüpfen. Insgesamt habe ich diese Studienzeit als gleicherma?en anstrengende, fordernde, aber auch f?rdernde Zeit wahrgenommen und war stolz, das Bachelorstudium erfolgreich nach vier Jahren abschlie?en zu k?nnen.
Wieso haben Sie sich nach Ihrem Bachelorabschluss ebenfalls für ein berufsintegrierendes Masterstudium entschieden?
D?renk?mper: Nach dem Bachelorstudium wollte ich auf jeden Fall weiterstudieren und einen Masterabschluss machen. In erster Linie, um mir pers?nlich zu beweisen, dass der Bachelorabschluss nicht das Ende der akademischen Laufbahn war. Ich wollte aber auch unbedingt praktisch weiterarbeiten, weil ich zu dem Zeitpunkt beruflich fest im Sattel sa? und eine verantwortungsvollere Position übernommen hatte. Daher war mir klar, dass ich mir nur ein duales Masterstudium bei der 凤凰体育 vorstellen konnte. Zugegeben, ich habe zweimal überlegt, ob ich das wirklich machen will, denn nach dem berufsintegrierenden Bachelorstudiengang wusste ich, dass dies noch mal eine gr??ere Herausforderung werden wird. Rückblickend kann ich sagen, ich würde es immer wieder machen, weil die Erkenntnisse aus dem Studium wirklich gut mit der Praxis verknüpft werden konnten.
Sie haben Ihr duales Masterstudium bei HOMANN begonnen und beim VfL Osnabrück beendet. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
D?renk?mper: Das war definitiv keine Entscheidung gegen HOMANN, sondern eine Entscheidung für den VfL. Der Entschluss, die Branche zu wechseln, hat es mir als Kind der Region und meiner hohen Affinit?t zum Fu?ball sowie zum VfL leichter gemacht. Wichtig war mir, ehrlich gegenüber HOMANN zu kommunizieren und deshalb habe ich auch stets mit offenen Karten gespielt.
Was waren die gr??ten Herausforderungen im Masterstudium für Sie?
D?renk?mper: Eine besondere und im Vorfeld nicht absehbare Herausforderung war der Beginn der Covid-19-Pandemie. Auf der einen Seite wurde das Studium von heute auf morgen ein ganz anderes und auf der anderen Seite ver?nderte sich der Alltag im Profifu?ball. Zu Beginn der Pandemie (M?rz 2020) wusste keiner aus der Sport- und Veranstaltungsbranche, wie es weitergehen sollte. Als Finanzverantwortlicher beim VfL Osnabrück wurde der Arbeitsalltag schlagartig auf den Kopf gestellt. Tagt?glich wurden Szenarioanalysen vorgenommen und aktualisiert, um den Fortbestand des Unternehmens zu gew?hrleisten und somit aktives Risikomanagement zu betreiben. Glücklicherweise haben wir es als VfL und die Branche im Allgemeinen geschafft, die Krise bis zum jetzigen Zeitpunkt gut zu bew?ltigen. Auch wenn uns bewusst ist, dass durch den russischen Angriffskrieg ausgel?ste Polykrisen (Krieg, Energieversorgung, aktuelle Inflation) weitere negative Auswirkungen für die gesamte Welt, und somit natürlich auch für den VfL, bevorstehen.
Natürlich hatte der ver?nderte Arbeitsalltag auch Auswirkungen auf mein Studium. Ich konnte zu der Zeit nicht einfach sagen, dass ich mich einfach so für eine Woche Online-Vorlesungen aus dem Tagesgesch?ft rausziehe. Die Arbeit war zu der Zeit einfach bestimmender. Das hatte sich nach einer gewissen Zeit und der Wiederaufnahme des Spielbetriebs, natürlich wieder gelegt. Die gr??ten Herausforderungen lagen in den ersten Wochen und Monaten nach Pandemiebeginn.
Wie haben Sie die Vereinbarkeit im dualen Bachelor- und Masterstudium mit der jeweiligen Arbeit wahrgenommen?
D?renk?mper: Das ist machbar. Wichtig ist, sich eine Akzeptanz für das Studium von Vorgesetzten und Kolleg*innen im Betrieb zu erarbeiten, dann kann man auch die notwendige Unterstützung durch das Unternehmen erfahren. Dies war vor allem zum Ende meines Masterstudiums der Fall, wo ich eine breite Unterstützung der Kolleg*innen erfahren habe. Aber nicht jeder Arbeitgeber jubelt und erm?glicht Freir?ume wie Freistellungen für Prüfungen. Daher ist es fundamental wichtig, sich richtig zu organisieren und unter Umst?nden auch auf den ein oder anderen l?ngeren Urlaub zu verzichten. Für mich war es nicht von Nachteil, weil ich wusste, wofür ich es mache. Jetzt mit Anfang 30, in einer Position, in der ich finanzielle und personelle Verantwortung trage, bin ich sicher, dass es der richtige Weg war.
Welche Vorteile oder welchen Mehrwert konnten Sie aus dem dualen Studium für Ihre jetzige Arbeit ziehen?
D?renk?mper: Durch das duale Studium habe ich neben dem vielen Fachwissen eine gewisse Methodenkompetenz und vor allem Skills im Projektmanagement entwickelt. Diese helfen mir bei der Organisation und Durchführung von Projekten. Au?erdem kann ich durch diese Kompetenzen einsch?tzen, wann es eine Entscheidung zu treffen gilt.
Au?erdem denke ich, habe ich in den letzten Jahren vor allem eine gewisse Stressresistenz entwickelt. Das h?rt sich vielleicht erst mal etwas abschreckend und unerwartet an, aber Faktoren, wie das Organisationsverm?gen in stressigen Situationen, sind sehr wichtig. Im Berufsalltag muss regelm??ig unterschieden werden, was wichtig und was dringend ist. Das muss nicht immer das Gleiche sein. Die Doppelbelastung hat mir dabei in den letzten Jahren den richtigen Weg aufgezeigt dies unterscheiden zu k?nnen.
Würden Sie sich rückblickend noch einmal für ein duales Studium entscheiden?
D?renk?mper: Ja, absolut! Als Absolvent*in eines dualen Studiums hat man anderen Studierenden, die wenig Praxiserfahrung haben und erst frisch in ein Unternehmen einsteigen, einiges voraus. Das liegt nicht daran, dass man besser arbeitet, sondern einen anderen Blick auf die Dinge wirft. Durch sieben Jahre Festanstellung mit berufsintegriertem Studium, wei? ich gut, wie ich einen Tagesablauf strukturieren muss, damit ich Arbeit und Privates unter einen Hut bekomme.
Wie sehen heute Ihre t?glichen Aufgaben aus?
D?renk?mper: Das kann ich pauschal gar nicht beantworten, denn jeder Tag ist anders als der Tag davor. Grunds?tzlich bin ich verantwortlich für den Bereich Finanzen und Organisation. An Spieltagen beginnt ein Arbeitstag bspw. bereits einige Stunden vor Spielbeginn. Alle zwei Wochen sind an so einem Tag bestenfalls 12.000-16.000 Menschen vor Ort und mein gro?artiges Team und ich haben den organisatorischen Ablauf im Blick.
Auch die Aufgaben im Bereich Finanzen bringen Abwechslung mit und unterscheiden sich je nach Phase. Es gibt zum Beispiel die Lizenzierungsphasen, in denen der Lizenzgeber z.B. der DFB u.a. zwei Mal im Jahr die wirtschaftliche Leistungsf?higkeit eines jeden Klubs überprüft, laufende Monatsabschlüsse und Quartalsreports, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen und entsprechende Vorbereitung ben?tigen. Grunds?tzlich ist es wie so h?ufig in mittelst?ndischen Unternehmen – dem administrativen/kaufm?nnischen Bereich wird zu wenig Beachtung geschenkt. Dies hat sich in den letzten Jahren zum Glück ge?ndert. Plakativ kann man das zum Beispiel im Bereich Finanzen am folgenden Beispiel aufzeigen: Früher wurde beim VfL noch nicht einmal vollst?ndig auf Kostenstellen gebucht und entsprechend gab es gar nicht die M?glichkeit, ein Controlling aufzubauen. Mittlerweile sind wir so weit, dass jeder Bereich über seine eigenen Kostenstellen verfügt, es einen klaren Budgetprozess gibt und alle Kostenstellenverantwortlichen in regelm??igen Abst?nden in Quartalsreports gegenüber der Gesch?ftsführung zu ihren Zahlen Rede und Antwort stehen dürfen. Natürlich war dies erst einmal für alle Beteiligten eine neue Herausforderung. Aber mittlerweile hat der ein oder andere auch den Vorteil entdeckt, dass man auch die M?glichkeit besitzt, Nachtragsbudgets zu beantragen. Voraussetzung ist natürlich, dass das Gesamtkonzept vollumf?nglich durchdacht ist.
Sie arbeiten in einem Fu?ballverein also dort, wo andere ihren Spa? und ihre Freude ausleben k?nnen. Was begeistert Sie an Ihrem Beruf?
D?renk?mper: Fu?ball ist super pers?nlich und famili?r. Es ist ein kleines Team und diese Familie h?lt zusammen. Wir haben eine Duz-Kultur – von den Mitgliedern bis zum Gesch?ftsführer und Vorstandsvorsitzenden. Ich habe t?glich Kontakt zu unterschiedlichen Menschen und das ist es, was es für mich ausmacht. Der H?hepunkt biete die ?Bremer Brücke“, unsere Begegnungsst?tte – hier stehen an den Wochenenden Sozialhilfe-Empf?nger*innen neben Rechtsanw?lt*innen auf der Tribüne und feiern (hoffentlich) den n?chsten Ligaheimsieg. Das ist das, was Fu?ball auszeichnet: Er verbindet. Gerade in Osnabrück, denn der VfL, ist der ?Leuchtturm“ der Region und wir arbeiten tagt?glich daran, dass er weiterhin und Stück für Stück etwas heller strahlt.
Was ist für Sie eine pers?nliche Herausforderung in Ihrem Beruf?
D?renk?mper: Geduldig zu sein. Es ist eine Herausforderung für mich zu akzeptieren, dass aufgrund von begrenzten Ressourcen nicht alles auf einmal umsetzbar ist. Trotzdem ist es m?glich, seine Ziele zu erreichen – nur unter einem anderen Zeithorizont: kleine Ziele setzen und diese nach und nach erreichen. Das ist wie ein Puzzle, bei dem man nach und nach das gro?e Bild zusammensetzt.
Welchen pers?nlichen Ratschlag haben Sie für Studieninteressierte und Studierende?
D?renk?mper: Nicht aufgeben! Man kann das definitiv schaffen und muss kein ?berflieger sein! Es gibt Momente, in denen man daran zweifelt – vor allem vielleicht mal samstagabends, wenn viele Freund*innen unterwegs sind und man selbst noch am Schreibtisch sitzt. Aber man wird am Ende belohnt, wenn man das Studium durchzieht. Ich kenne niemanden, der das duale Studium im Nachhinein bereut hat. Ganz im Gegenteil: alle haben bisher einen super Karriereweg hingelegt, da man über sieben Jahre berufsintegrierendes Bachelor- plus Masterstudium hinweg gelernt hat, unter Zeitstress und Druck zu arbeiten. Wer das duale Studium durchzieht, hat seine Pers?nlichkeit weiterentwickelt und ist auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt.
Ich empfehle darüber hinaus das Studium zu nutzen, um Kontakte zu knüpfen. Ich habe bis heute zu vielen ehemaligen Kommiliton*innen Kontakt und wir k?nnen uns beruflich sowie privat oft gegenseitig weiterhelfen. Denn am Ende sind es die Beziehungen zu Menschen, die unser Leben bereichern.